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Nachhallzeit in Räumen – Ein Überblick

Die Nachhallzeit ist eine der zentralen Kenngrößen der Raumakustik. Sie beschreibt die Zeit, die ein Schallereignis benötigt, um in einem Raum um 60 Dezibel abzunehmen. Die Nachhallzeit beeinflusst unser räumliches Hören und kann die Wahrnehmung von Musik und Sprache maßgeblich beeinflussen.

Die wissenschaftliche Untersuchung von Nachhall begann im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Wallace Clement Sabine, ein amerikanischer Physiker, gilt als der Vater der modernen Raumakustik. Er entwickelte die Sabine-Formel zur Bestimmung der Nachhallzeit, die, obwohl sie mehr als ein Jahrhundert alt ist, immer noch weit verbreitet ist.

Berechnungen der Nachhallzeit:

Die Sabine-Formel ist das bekannteste Instrument zur Berechnung der Nachhallzeit. Sie lautet:

T = 0,163 · (V/A)

Dabei steht:

  • T für die Nachhallzeit,
  • V für das Raumvolumen,
  • A für die gesamte Absorptionsfläche des Raums.

Diese Formel setzt voraus, dass der Schall gleichmäßig im Raum verteilt ist und die Absorption konstant ist.

Zusätzlich gibt es weitere Formeln, wie:

  • Eyring-Formel: Eine Modifikation der Sabine-Formel für Räume mit mittlerer bis hoher Schallabsorption.
  • Millington-Sette-Formel: Anwendbar in Räumen mit unregelmäßigen Formen und verschiedenen Absorptionsgraden.

Parameter und Kennzahlen bei Berechnungen

Raumvolumen (V) Das Volumen eines Raumes, typischerweise in Kubikmetern (m³) ausgedrückt, spielt eine zentrale Rolle bei der Bestimmung der Nachhallzeit. Ein größerer Raum kann mehr Schallenergie speichern, was im Allgemeinen zu einer längeren Nachhallzeit führt.

Gesamtabsorptionsfläche (A) Dieser Wert berücksichtigt alle Materialien im Raum, die Schall absorbieren können. Die Gesamtabsorptionsfläche errechnet sich aus der Fläche jedes Materials multipliziert mit seinem Absorptionskoeffizienten und wird in Quadratmetern (m²) ausgedrückt. Beispiel: Ein Teppichboden von 50m² mit einem Absorptionskoeffizienten von 0,3 hat eine Absorptionsfläche von 50m² × 0,3 =15m².

Absorptionskoeffizient (α) Jedes Material hat einen spezifischen Absorptionskoeffizienten, der angibt, wie viel Schall es bei einer bestimmten Frequenz absorbiert. Dieser Koeffizient variiert in der Regel zwischen 0 (vollständige Reflexion) und 1 (vollständige Absorption). Es ist wichtig zu beachten, dass der Absorptionskoeffizient für verschiedene Frequenzen unterschiedlich ist, da Materialien unterschiedliche Frequenzbereiche unterschiedlich gut absorbieren.

Direktschall und Reflektierter Schall Direktschall: Dies ist der Schall, der direkt von der Schallquelle zum Hörer gelangt, ohne von irgendeiner Oberfläche reflektiert zu werden. Er ist oft der erste Schall, den ein Hörer wahrnimmt und beeinflusst maßgeblich die Sprachverständlichkeit. Reflektierter Schall: Dieser Schall erreicht den Hörer, nachdem er von Wänden, Decken oder anderen Oberflächen im Raum reflektiert wurde. Er beeinflusst die gefühlte Lautstärke und die räumliche Wahrnehmung des Klangs.

Nachhallkurve Die Nachhallkurve zeigt, wie schnell der Schall in einem Raum mit der Zeit abnimmt. Sie wird oft verwendet, um die tatsächliche Nachhallzeit (T60) zu bestimmen, die die Zeit angibt, in der der Schallpegel um 60 dB abfällt.

Schallenergie Die Energie des eingeleiteten Schalls beeinflusst, wie lange der Schall im Raum nachhallt. In Räumen mit vielen absorbierenden Materialien wird die Schallenergie schneller absorbiert, was zu einer kürzeren Nachhallzeit führt.

Diese Parameter und Kennzahlen sind entscheidend für ein umfassendes Verständnis der Nachhallzeit und deren Auswirkungen auf die Raumakustik. Jeder dieser Werte beeinflusst, wie Schall in einem Raum interagiert, und ein sorgfältiges Gleichgewicht dieser Faktoren kann den akustischen Komfort in einem Raum erheblich verbessern.

Unterschiedliche Nutzung von Räumen: Musik, Sprache, etc.

In Deutschland wird die akustische Qualität von Räumen in verschiedenen Normen festgelegt. Eine der bekanntesten ist die DIN 18041, die Anforderungen an die Raumakustik und den Schallschutz in Gebäuden beschreibt. Sie legt unter anderem empfohlene Nachhallzeiten für unterschiedliche Raumarten und Nutzungszwecke fest. In Österreich bezieht sich die OENORM B 8115-3 auf die Akustik in Räumen. Sie gibt Anforderungen und Empfehlungen für unterschiedliche Raumtypen und deren akustische Qualitäten.

  • Musikräume: Räume für Musik, insbesondere Konzertsäle, benötigen oft eine längere Nachhallzeit, um das Klangerlebnis zu intensivieren. Dies gibt der Musik Tiefe und Wärme. Für klassische Musik werden oft längere Nachhallzeiten von ca. 1,8 bis 2,3 Sekunden bevorzugt. Dies verleiht der Musik Tiefe und einen vollen Klang. Bei Pop- oder Rockmusik wird eine kürzere Nachhallzeit bevorzugt, um ein klareres Klangerlebnis zu erzielen.
  • Sprachräume: In Räumen, in denen vorwiegend gesprochen wird, wie z.B. Klassenzimmer oder Vortragssäle, sollte die Nachhallzeit kurz sein. Dies erleichtert das Verstehen von Sprache. Die Sprachverständlichkeit ist auch hier entscheidend. Eine Nachhallzeit von unter 0,8 Sekunden ist in der Regel empfehlenswert, um sicherzustellen, dass zB. alle Schüler den Lehrer klar verstehen können.
  • Büros: In Großraumbüros ist eine mittlere Nachhallzeit wünschenswert, um einerseits die Sprachverständlichkeit zu gewährleisten, aber auch, um nicht jede Unterhaltung in der gesamten Etage hörbar zu machen.

Die Nachhallzeit ist nicht bei allen Frequenzen gleich. In vielen Räumen kann es Unterschiede in der Nachhallzeit über das Frequenzspektrum geben, was durch das Material und die Form des Raumes beeinflusst wird. Tiefere Frequenzen (Bässe) können länger nachhallen als höhere Frequenzen, was zu Problemen bei der Klangqualität führen kann.